2022 gelang unserem Museum dank großzügiger privater Unterstützung der Ankauf von Gerhard Marcks‘ (1889–1981) »Schreitende Frau mit Tuch« von 1926. Es war die erste lebensgroße Bronzefigur im Werk des Bildhauers. Das Format zeigt seinen Anspruch: Der Künstler wollte eine große Figur schaffen, um sich mit der Konkurrenz zu messen. Er wollte auch deutlich zeigen, wie er nach seiner Zeit am Bauhaus durch die Auseinandersetzung mit Auguste Rodin (1840–1917) zu der Lösung eines Dilemmas gekommen war, das die deutsche Bildhauerei seit 1900 beschäftigte: Soll eine Skulptur auf »Einansichtigkeit« hin komponiert werden, wie es in der Tradition Adolf von Hildebrands (1847–1921) hieß, oder gibt es unendliche Ansichten, wie Rodin behauptete? Die Ausstellung zeigt, wie Marcks (s)eine Antwort fand und sich damit in einem europäischen Diskurs positionierte. Sie zeigt auch die Querverbindungen im Werk, die zurückreichen bis zur ersten Paris-Reise von 1914.
oben: Maske Maria I, 1925, Bronze, VG Bild-Kunst, Bonn 2022
links: Schreitende Frau mit Tuch, 1926, Bronze
rechts: Kniender Antäus, 1926, Bronze
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023