Wie behauptet sich eine Figur im Raum und mit welchen künstlerischen Mitteln lässt sich diese Wirkung verändern? Eine Frage, die den Bremer Bildhauer Dietrich Heller (geb. 1965) in seinen Arbeiten immer wieder reizt. Seine jüngste Reihe von 12 großen Steinskulpturen interpretiert Michelangelos (1475-1564) Fresken der Sibyllen und Propheten in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan. Die dynamisch-räumliche Wirkung von Michelangelos Werken faszinierte Heller und bestimmte die Arbeit an seinen eigenen Skulpturen.
Hellers Grundthema ist die räumliche Tiefe der Skulptur. Durch eine leichte Neigung des Steins nach vorn und einen auf die vordere Ebene gesetzten Fluchtpunkt erhält das massive Material eine Art »Zoom-Effekt«. Bei der gewohnten Zentralperspektive laufen die gedachten Fluchtlinien auf einen Punkt im Hintergrund zu. Bei Hellers Skulpturen ist es umgekehrt: Er erzeugt Spannung, Wucht und täuscht Bewegung vor. Der Bildhauer kalkuliert mit den Sehgewohnheiten des Betrachters und lotet zudem aus, wann sich eine Form in der Wahrnehmung aufzulösen beginnt.
oben: DICHTUNG RaumBewegungBild XXIIII, 2019, Statuario di Carrara
links: DICHTUNG RaumBewegungBild XXI (DELPHICA), 2018, Persischer Travertin, Privatsammlung Schweiz
rechts: DICHTUNG BildRaumBewegung XVII (HIEREMIAS), 2016, Kalkstein aus Österreich (Untersberger Marmor)
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