Gerhard Marcks (1889-1981), der von 1919 bis 1925 Formmeister der Töpferei am Weimarer Bauhaus war, beschäftigte sich auch später mit Gebrauchsgeschirr. So entwarf er 1932 während seiner Professur an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle/Saale das Teeservice „Tiergarten“ für die Staatliche Porzellanmanufaktur Berlin (heute KPM). Vor allem wegen der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde es jedoch nie in Serie produziert. Nach dem Krieg, als er an der Landeskunstschule in Hamburg tätig war, besann sich Marcks dieses Entwurfs.
Er übertrug Liebfriede Bernstiel (1915-1998), die an der Landeskunstschule Anfang 1947 als Assistentin in der Töpferei begonnen hatte, die plastische Umsetzung und praktische Ausführung des Service in Keramik. Für die schlichten Formen wählte man als Glasur in der Regel ein mattes Schwarz. Um ein einheitliches Erscheinungsbild zu erhalten, arbeitete Liebfriede Bernstiel mit Gipsformen. Wie in der Porzellanherstellung wurde die Kanne dabei in eine Negativ-Gipsform gegossen, Schalen, Teller und Tassen dagegen über Gipsformen oder in sie hineingedreht. Liebfriede Bernstiel hatte diese Technik von ihrem Lehrer Otto Lindig (1895-1966) gelernt. Von ihm stammt auch der Entwurf des Tellers aus den 1950er-Jahren, der ursprünglich nicht zum Umfang des Service dazugehörte. Bereits für die Töpferei des Weimarer Bauhauses hatten Lindig und Theodor Bogler (1897-1968) seit 1923 damit begonnen, mit Gipsmodellen für eine serielle Fertigung von Keramik zu arbeiten.
Heute wird das Teeservice in dieser Technik von Hannes Eckeberg (geb. 1957) hergestellt, einem Schüler von Liebfriede Bernstiel. Er begann seine Ausbildung bei ihr 1979 und schloss 1982 mit der Gesellenprüfung ab. Nach Tätigkeiten in verschiedenen Töpfereien und einem Studium der Volkskunde betreibt er seit 1990 sein eigenes Keramik-Atelier in Luckau/Niedersachsen.
Das Teeservice von Gerhard Marcks und Liebfriede Bernstiel liegt ihm besonders am Herzen. Über die Verbindungslinie Marcks, Lindig, Bernstiel, Eckeberg atmet es den Geist des Bauhauses. Im Vordergrund steht die gespannte Form, der sich die Glasur dienend unterordnet. Die einzelnen Teile des Service verfügen über klare Konturen, bei denen sich die anmodellierten Teile deutlich gegeneinander abheben.
oben: Gerhard Marcks (Entwurf), Hannes Eckeberg (Ausführung), Teeservice, 1947, hochgebrannte Keramik. matt schwarz glasiert
unten: Gipsformen und Rohling der Zuckerschale
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