Trude Jalowetz, 1932
Gerhard Marcks übertrug 1969 der Stiftung einen großen Teil der in seinem Eigentum befindlichen und von ihm geschaffenen Kunstwerke, die sich durch Nachstiftungen bis zu seinem Tode 1981 auf ca. 260 plastische, 12.000 zeichnerische und 1.000 druckgrafische Werke summierten. Ankäufe, Schenkungen und Archivgüsse konnten den Bestand an plastischen Werken bis heute auf 430 Arbeiten (Bronze, Stein, Holz, Gips, Keramik) erweitern. Damit verfügt die Gerhard-Marcks-Stiftung mit Ausnahme einiger sehr früher Holzschnitte über das gesamte druckgrafische Werk von Gerhard Marcks aus den Jahren 1915 bis 1981 (Holzschnitte, Lithografien, Radierungen, illustrierte Bücher), einem Drittel der insgesamt 1.200 von ihm geschaffenen plastischen Arbeiten sowie ungefähr einem Fünftel seiner auf ca. 60.000 Blätter geschätzten zeichnerischen Produktion (aus den Jahren 1900 bis 1981).
Gerhard Marcks
Der Künstler II, 1923
In den letzten Jahren konnten – neben kleineren Ankäufen – mit der „Liegenden Kuh“ (1924) und der „Kastalia“ (1931/32) zwei wichtige Unikate für die Sammlung angekauft werden. Mit dem Erwerb des Nachlasses von Trude Jalowetz, dem wichtigsten Modell des Künstlers aus den 1930er-Jahren, wurde die Sammlung um grafische und plastische Werke erweitert.
Waldemar Grzimek
Tänzerin I, 1965
2005 erfolgte die Übernahme des künstlerischen Nachlasses von Waldemar Grzimek, der 101 Skulpturen umfasst und durch eine Schenkung von ca. 250 Zeichnungen und 100 Grafiken ergänzt wurde. Sein künstlerisches Schaffen besitzt eine große Bedeutung sowohl für die Entwicklung der Kunst in der Deutschen Demokratischen Republik als auch bei der Formulierung eines neuen Realismus der Bildhauerkunst in der Bundesrepublik Deutschland in den 60er-Jahren und 70er-Jahren. Die Entstehungszeit der Skulpturen umfasst den Zeitraum von 1933 bis 1984, dem Sterbejahr des Bildhauers. Von der Kleinplastik bis zur überlebensgroßen monumentalen Figur findet man alle Formate sowie alle formalen bildhauerischen Aufgabenstellungen und alle von ihm favorisierten Materialien (Bronze, Stein, Gips, Beton, Keramik) in dieser Sammlung wieder.
1918 | Geboren in Rastenburg (Ostpreußen) |
1937 | Nach kurzer Zeit als Steinmetzlehrling Beginn des Studiums der Bildhauerei bei Wilhelm Gerstel an der Hochschule für bildende Künste in Berlin |
1942 | Rom-Preis der Preußischen Akademie der Künste |
1946 | Leiter der Fachklasse für angewandte Plastik in der Staatlichen Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein in Halle/Saale |
1948-1951 | Professur an der Hochschule der Künste in Westberlin |
1957 | Professor an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Weißensee (Ostberlin) |
1961 | Übersiedelung nach Westberlin |
1968 | Berufung zum Professor für plastisches Gestalten an die Technische Hochschule Darmstadt. Hauptwohnsitz bleibt Berlin |
1984 | Grzimek erhält den Bremer Bildhauerpreis |
Waldemar Grzimek, 1964
Der geblendete Michael
1909 | Geboren in Annaberg Buchholz/Erzgebirge |
1924-1935 | Handwerkslehre als Graveur, Besuch von Fachschulen und Ausübung des Berufs |
1935-1937 | Studium an der Kunstakademie Düsseldorf |
1937-1943 | Studium der Bildhauerei an der Hochschule für bildende Künste in Berlin |
1950 | Erster Kolbepreisträger |
1952 | Kunstpreis der Stadt Berlin |
1952 | Corneliuspreis der Stadt Düsseldorf |
1956-1974 | Lehrauftrag an der Hochschule für Gestaltung, Bremen Zahlreiche Aufträge für den öffentlichen Raum Bremens |
Seit 2007 befindet sich der Nachlass von Gerhart Schreiter im Gerhard-Marcks-Haus. Er zählt rund 230 kleinplastische Werke von der Plakette bis zur Statuette, ca. 6.000 Zeichnungen sowie etliche Gips- und Wachsmodelle. Schreiter war zunächst als Graveur tätig, arbeitete dann als freier Bildhauer in Berlin und erhielt 1956 einen Ruf an die Staatliche Kunstschule Bremen.
Mit einem Schaffensschwerpunkt in den 50er- und 60er-Jahren hatte er im Sinne der künstlerischen Ausgestaltung maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau und Expansionsdrang der Städte nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese positive Aufbruchsstimmung ist auch an seinen Kleinplastiken abzulesen. Bevorzugt erzählen sie aus dem täglichen Leben, in dem sich Schreiter als ein genauer Beobachter erwies.
Hier galt sein Interesse besonders der Darstellung von Mutter und Kind. Daneben tritt die Wiedergabe von „Typen“. Zu seinem Markenzeichen wurde die Darstellung radelnder Menschen. Schreiters Werk gehört einem gemäßigten Modernismus an, wie er in Europa für die 1950er- und 1960er-Jahre typisch war.
Er verband die Berliner Tradition, die die tektonischen Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Figur untersuchte, mit neuen, vor allem englischen Einflüssen. Seine bildhauerischen Fragen kreisen dabei um die Begriffe Volumen, Raum und später die strukturelle Auflösung der Oberfläche. Die Figur blieb für ihn maßgeblich, jedoch fand er für öffentliche Aufgaben seit den späten 1960er-Jahren zu rein abstrakten Lösungen.
Liegende Frau, 1953/54
Hanna Koschinsky
Sitzende Frau um 1912, Bronze
Seit fünfzehn Jahren gibt es Bestrebungen, die Sammlung des Hauses nicht mehr ausschließlich auf Werke von Gerhard Marcks (1889–1981) zu konzentrieren, sondern auf die figürliche Bildhauerei des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart auszuweiten. Neben den umfangreichen Nachlässen der Bildhauer Waldemar Grzimek (1918–1984) und Gerhart Schreiter (1909–1974), stehen kleinere Konvolute wie zum Beispiel von Edzard Hobbing (1909–1974).
Mit dem jüngst gestifteten Nachlass von Hanna Koschinsky (1884–1939) widmet sich das Gerhard-Marcks-Haus dem noch kaum erforschten Wirken von Bildhauerinnen. Außerdem gibt es ein größeres Konvolut aus der Schenkung von Prof. Dr. Annegret von Wedel-Wolff und Uwe Wolff. Es umfasst figürliche Bildhauerkunst seit 1970, darunter Arbeiten von Bärbel Dieckmann (*1962), Richard Hess (*1937), Hans Müller (*1952), Fritz Nuss (1907–1999).
Im Besitz des Museums befinden sich auch Arbeiten von Moissey Kogan (1879–1943), Joseph Semah (*1948), Johannes Brus (*1942) und Richard Scheibe (1879–1964). Dazu treten einzelne Werke von Künstlern aus dem Umkreis von Gerhard Marcks sowie Arbeiten von zeitgenössischen Bildhauern. Einen Überblick aller vertretenen Künstler finden Sie unter „Sammlung online“.
Sammlung von Wedel-Wolf
Ankunft im Gerhard-Marcks-Haus, 2005